Ergänzungen zur Mathematik-AG am GBG

III.2  Kegelschnitte als Kreisbilder bei Zentralprojektion

In den folgenden Fenstern ist jeweils der Schrägriss eines Kreises ABCD in der Grundebene gezeichnet. Auf der Grundebene steht rechts senkrecht die Bildebene mit ihrer Grundspur e. Rechts daneben ist in der Grundebene der Standpunkt S, über dem das Auge O der Zentralprojektion schwebt. Die Strecke SO heißt Sehhöhe s. Der Fußpunkt des Lotes vom Auge auf die Bildebene heißt Hauptpunkt H, sein Abstand zum Auge ist die Distanz d. Waagrecht durch H geht der Horizont h.


Fenster 1

Sie können in diesen Fenstern die Anordnungen verändern, indem Sie Punkte, die durch kleine Quadrate gekennzeichnet sind, gezielt bewegen. Mit Gli, GEck und Gre können Sie die Grundebene bewegen. Mit Fe und Fv verschieben Sie Bildebene und Verschwindungsebene längs der langen Kante a der Grundebene. Den Standpunkt S können Sie parallel zur kurzen Kante b der Grundebene verschieben. Das Auge O können Sie vertikal verschieben. Wenn Sie PKr auf a verschieben, wandert der Kreis mit; dessen Mittelpunkt M können Sie dabei parallel zu b verschieben. Und die Größe des Kreises regeln Sie durch Verschieben von A parallel zu a.

Im Kontextmenü der Fenster (Rechtsklick!) können Sie jederzeit den Urzustand der jeweiligen Konstruktionen restaurieren.

Wenn Sie in Fenster 1 den Kreispunkt E längs der Kreislinie verschieben, können Sie die rote Mantellinie beobachten, wie sie einen Kegel beschreibt. Alle Sehstrahlen vom Auge O zu den einzelnen Kreispunkten bilden zusammen einen Kegel mit Spitze O. Offensichtlich durchstoßen diese Sehstrahlen irgendwo die Bildebene; alle Durchstoßpunkte zusammen ergeben das Bild. D.h., das Kreisbild ist der Schnitt des Sehstrahlkegels mit der Bildebene, die Ellipse ist also ein Kegelschnitt.

Vergleichen Sie die Lage der beiden "Kreisdurchmesser" AC und BD samt Mittelpunkt M mit derjenigen ihrer Bilder: Offensichtlich bleibt bei Zentralprojektion Mitte nicht mehr Mitte, die Abbildung ist nicht teilverhältnistreu.

 


Fenster 2

In Fenster 2 sind Fe und Fv in vertauschter Lage, daher ergibt sich nun die Anordnung Objekt - O- Bildebene, wie sie einer Kamera entspricht (Gegenstand - Linse - Filmebene).

 

In Fenster 3 ist auch die Verschwindungsebene mit zugehöriger Verschwindungsspur v eingezeichnet. Die Verschwindungsebene ist die zur Bildebene parallele Ebene, in der das Auge O liegt.

Was geschieht, wenn Sie den Kreis zur Bildebene hin verschieben? Was, wenn Sie weiterschieben, bis der Kreis die Verschwindungsebene trifft, bis er sie durchdringt?


Fenster 3

Wenn der Kreis die Grundspur e berührt, muss es auch dessen Bild tun, denn alle Punkte der Grundspur werden auf sich selbst abgebildet. Folglich müssen Kreis und Bildellipse sich auf der Grundspur in zwei Punkten schneiden, wenn der Kreis die Bildebene durchdringt (s. Bild Kegelschnitte II).

Der Kreis ist eine geschlossene Kurve, sein Bild also auch. Wenn der Kreis aber die Verschwindungsebene berührt, dann hat dieser Berührpunkt kein Bild mehr, weil dessen Sehstrahl parallel zur Bildebene verläuft, diese also nichtmehr durchstoßen kann (daher der Name Verschwindungsebene). Das Kreibild hat somit ein Loch, ist also nicht mehr geschlossen. Es entsteht eine Parabel als Kegelschnitt des Sehstrahlkegels mit der Bildebene (s. Bild Kegelschnitte III).

Wenn der Kreis die Verschwindungsebene nicht nur berührt, sondern sogar durchdringt, dann verschwinden sogar zwei Bildpunkte, die Bildkurve muss also zwei Löcher haben! Es entsteht eine Hyperbel als Kegelschnitt des Sehstrahl­kegels mit der Bildebene (s. Bild Kegelschnitte IV).

 

In den folgenden Fenstern geht es um die Hintergründe der Zentralprojektion.


Fenster 4

Jede Gerade g durchstößt die Bildebene im Spurpunkt G (oder ist parallel zur Bildebene). Also ist G zugleich ein Punkt Gc der Bildgeraden gc. Um die Bildgerade gc zeichnen zu können, wird ein zweiter Punkt benötigt. Den erhält man, indem man den gedanklichen Hilfspunkt X auf der Geraden g von der Bildebene wegwandern lässt und dabei beobachtet, wohin sich dessen Sehstrahl bewegt. Je ferner X wegwandert, desto spitzer wird der Winkel zwischen g und dem Sehstrahl. Wenn F unendlich weit weg ist (X heißt dann Fernpunkt Gu von g, er stellt deren Richtung dar), ist dieser Winkel auf Null geschrumpft, der Sehstrahl ist also parallel zur Geraden. Der Durchstoßpunkt dieses Sehstrahls ist der Fluchtpunkt Guc der Geraden g (Guc ist das Bild von Gu).

Verläuft die Gerade g horizontal, dann liegt ihr Fluchtpunkt Guc auf dem Horizont h. Verläuft die Gerade in der Grundebene, liegt zusätzlich ihr Spurpunkt G=Gc auf der Grnundspur e. Beides ist in Fenster 4 der Fall.

Alle zur Bildebene senkrechte Geraden haben die selbe Richtung, also den selben Fernpunkt, also den gleichen Sehhstrahl zum Fernpunkt und somit den gleichen Fluchtpunkt, nämlich den Hauptpunkt H.

 

Ein Kegelschnitt ist durch fünf Punkte (in allgemeiner Lage) eindeutig bestimmt. Daher werden in diesem Text immer die fünf Kreispunkte A, B, C, D und E abgebildet, mit denen DynaGeo die Kegelschnitte zeichnen kann.


Fenster 4

Zur Konstruktion der Durchstoßpunkte der Sehstrahlen von A - E wurden die zwei Sätze paralleler Sehnen (AB, CD, BC und DA) und die Strecke ME verwendet. Blickt man vom Auge aus parallel zu einer der Sehnen, schaut man also deren Fernpunkt an, geht der Blick waagrecht und durchstößt die Bildebene auf dem Horizont h im zugehörigen Fluchtpunkt (der Fluchtpunkt einer Geraden ist also das Bild des Fernpunktes dieser Geraden, s.o.). Verlängert man diese Sehne bis zur Bildebene, dann durchstößt sie die Bildebene in der Grundspur. Durch dies beiden Durchstoßpunkte geht das Bild der (verlängerten) Sehne. Der Schnittpunkt dieser Bildgeraden mit dem Sehstrahl des entsprechenden Kreispunktes liefert dessen Bildpunkt.

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Dietrich Tilp | 02.2014